Gesundheit

Gruppe praktiziert Yoga im Freien
19. Oktober 2023

Depressionen, Ängste: Sport wirksamer als Medikamente?

Menschen, die unter Depressionen, Angstzuständen oder anderen psychischen Störungen leiden, behandelt man vor allem mit Psychotherapie und Medikamenten. Eine dritte Behandlungssäule mit hoher Wirksamkeit wird hingegen häufig vernachlässigt: Bewegung.

  • Text : Christiane Fux
  • Lesedauer : 2 Minuten

Sport wird zu selten psychotherapeutisch genutzt

„Es ist bekannt, dass körperliche Aktivität zur Verbesserung der psychischen Gesundheit beiträgt. Doch trotz entsprechender Nachweise wird sie nicht in großem Umfang als Behandlung der ersten Wahl eingesetzt“, sagt Dr. Ben Singh, Postdoktorand von der Allied Health & Human Performance der University of South Australia, der die Untersuchung leitete.

Wie stark Patientinnen und Patienten von Bewegung profitieren, haben der australische Forscher und sein Team anhand einer großen Metaanalyse gezeigt. Dazu werteten die Forschenden Daten von fast 100 Übersichtsstudien mit mehr als 1000 Einzeluntersuchungen und mehr als 128.000 Teilnehmenden aus.

Diese Gesamtschau liefert erstmals umfassende Informationen zu verschiedenen Bevölkerungsgruppen sowie verschiedenen Arten von Bewegung in unterschiedlicher Intensität und Dauer.

Reduzierte Symptome durch körperliche Aktivität

Durch körperliche Aktivität reduzierten sich depressive Symptome durchschnittlich um 43 Prozent, Ängste um 42 Prozent sowie allgemeine Stresssymptome um 66 Prozent. Frühere Übersichtsstudien, die die Wirksamkeit von Psychotherapie, Beratung und Medikamenten untersucht haben, hätten lediglich Symptomreduktionen von 20 bis 35 Prozent ergeben, erklärt Singh auf Nachfrage von NetDoktor.

43 %

Reduktion

depressiver Symptome

Sportart ist nebensächlich

Die wichtigsten Erkenntnisse der Übersichtsstudie:

  • Auf welche Sportart man setzt, scheint unwesentlich zu sein: Alle untersuchten Arten körperlicher Betätigung waren wirksam – einschließlich Aerobic, Krafttraining und Yoga.

  • Als optimal erwiesen sich vier bis fünf Tage Sport pro Woche. Weniger, aber auch häufigere Trainingseinheiten waren insgesamt weniger effektiv.

  • Allerdings brachte eine höhere Trainingsintensität eine stärkere Verbesserung der Symptome.

Aus der Gesamtschau der Daten leiten die Forschenden ab, dass Sport um 53 Prozent wirksamer ist als die übrigen therapeutischen Maßnahmen. Singh betont ausdrücklich, dass Sport andere Behandlungsstrategien nicht ersetzen, sondern diese im Rahmen der Standardversorgung ergänzen solle.

Wirkt Sport auch bei schweren Depressionen?

Wie wirksam Sport allerdings bei schweren Depressionen ist, lässt sich nicht beantworten. Die meisten Teilnehmer der herangezogenen Studien litten unter leichten bis mittelschweren Depressionen.

„Es ist sehr schwierig, Teilnehmer mit schweren Depressionen zu finden, die sich freiwillig für eine Sportstudie melden“, bestätigt Singh. Denn schwer Betroffenen fehlt häufig schon für die einfachsten Alltagsaufgaben die Kraft. „Gerade diese Patienten könnten aber am stärksten schon von einem sehr geringen Umfang an Bewegung profitieren“, so der Wissenschaftler.

Bewegung baut Stresshormone ab

Bewegung wirkt sich unter anderem positiv auf die Stimmung aus, indem er Stresshormone im Körper abbaut.

Einen weiteren Effekt entfaltet Sport auf Menschen mit psychischen Symptomen, weil er ein Gefühl der Selbstwirksamkeit vermittelt: Die Betroffenen können selbst etwas dafür tun, dass es ihnen besser geht. Dieser Aspekt wird beispielsweise auch in psychotherapeutischen Behandlungen gezielt gestärkt.

Darüber hinaus profitieren Sporttreibende Menschen mit psychischen Symptomen von den weiteren positiven Auswirkungen von Sport auf die körperliche Gesundheit.

Runde eine Milliarde Menschen leidet unter psychischen Beeinträchtigungen

Körperliche Betätigung muss Vorrang haben, um die weltweit zunehmenden Fälle von psychischen Erkrankungen besser in den Griff zu bekommen.

Dr. Ben Singh, Postdoktorand von der Allied Health & Human Performance der University of South Australia

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO litt schon vor Ausbruch der Pandemie weltweit fast eine Milliarde Menschen unter psychischen Beeinträchtigungen. Fast jeder achte Mensch war betroffen. Experten vermuten, dass diese Zahl seither deutlich gestiegen ist. Der größte Teil hat keinen Zugang zu einer psychiatrischen Versorgung.

Aber auch in medizinisch gut versorgten Regionen der Welt sind die Wartezeiten auf eine Therapie oft lang. Auch in dieser Hinsicht hat Sport einen nicht zu schlagenden Vorteil: Anfangen kann man damit jederzeit.

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