- Text : Christiane Fux
- Lesedauer : 2 Minuten
Ein Piks in die Ferse, der Leben retten kann: Ab Mai 2026 wird das Neugeborenen-Screening in Deutschland erweitert. Neu im Programm sind der Vitamin-B12-Mangel sowie drei seltene Stoffwechselkrankheiten. Früh erkannt, lassen sich schwere Schäden verhindern.
Wenn der Stoffwechsel zur Zeitbombe wird
Auch in scheinbar gesunden Neugeborenen kann bereits ein Vitamin-B12-Mangel oder eine gefährliche angeborene Erkrankung ticken. Oft zeigen sich deren Symptome erst später, mitunter sogar erst nach Jahren. Aber die Erkrankungen können bleibende Schäden verursachen oder sogar tödlich enden.
Genau hier setzt das Neugeborenen-Screening an: Mit wenigen Tropfen Blut können Babys schon heute auf 17 angeborene Erkrankungen getestet werden – und bald kommen vier weitere hinzu.
Vier neue Krankheiten im Programm
Künftig wird das Screening auch Hinweise auf einen Vitamin-B12-Mangel sowie drei weitere schwere Stoffwechselerkrankungen liefern können. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen. Umgesetzt werden die neuen Tests dann ab Mai 2026.
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Vitamin-B12-Mangel
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Homocystinurie
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Propionazidämie
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Methylmalonazidurie
Der Hintergrund: „Nur ein Screening ermöglicht einen frühen Therapiebeginn“, sagt Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA. So kann man betroffene Kinder behandeln, bevor irreversible Schäden, insbesondere des Gehirns, auftreten.
Blutprobe kann vor schweren Folgen schützen
Das erweiterte Screening läuft wie gehabt ab: Zwei bis drei Tage nach der Geburt entnimmt man einige Tropfen Blut aus der Ferse des Kindes und gibt sie auf eine Filterpapierkarte.
Im Labor wird das getrocknete Blut auf Hinweise für diverse seltene Erkrankungen (etwa des Stoffwechsels, des Hormon- oder Immunsystems) untersucht. Ist ein Wert auffällig, nehmen Laborärztinnen oder -ärzte innerhalb von 72 Stunden Kontakt zu den Eltern für weitere Untersuchungen auf.
Vitamin B12 – mehr als nur ein Vitamin
Vitamin B12 und bestimmte Enzyme sind für den Abbau von Eiweiß im menschlichen Körper unerlässlich. Doch rund eine von 5000 Schwangeren ist mit Vitamin B12 unterversorgt. Beispielsweise, weil sie sich vegan ernährt, oder weil ihr Darm das Vitamin nicht ausreichend aufnimmt.
Bei anderen Kindern ist der Abbau von Eiweiß wegen eines Mangels an bestimmten Enzymen blockiert. Dies ist bei den angeborenen Stoffwechselerkrankungen Homocystinurie, Propionazidämie und Methylmalonazidurie der Fall, die bald Teil des Screenings werden. Sie sind sehr selten und betreffen jeweils nur etwa eines von 100.000 bis 500.000 Neugeborenen.
Sowohl diese drei Erkrankungen als auch ein Vitamin-B12-Mangel können die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern erheblich gefährden. So können Hirnschäden, Krampfanfälle, Koma sowie Schäden an Augen, Nieren und Blutgefäßen auftreten. Mitunter ist das Leben der Kinder bedroht.
Vorteile der Erweiterung überwiegen
Jede neue Screening-Maßnahme muss vor der Einführung sorgfältig geprüft werden. Denn auch falsch-positive Ergebnisse können Sorgen auslösen und unnötige Untersuchungen nach sich ziehen.
Beim aktuellen Beschluss überwogen laut G-BA aber die Vorteile deutlich. Grundlage waren unter anderem Bewertungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und die Einschätzung von Expertinnen und Experten.
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