Gesundheit

Frau ist aufgewacht
25. September 2025

Schlafrhythmus – das unterschätzte Risiko

Ausreichend zu schlafen allein reicht nicht – ein bislang unterschätztes Gesundheitsrisiko ist offenbar unregelmäßiger Schlaf. Für Langschläfer hingegen gibt es gute Nachrichten.

  • Text : Christiane Fux
  • Lesedauer : 3 Minuten

Das zeigt eine großangelegte chinesische Studie. Die Forschenden um Prof. Shengfeng Wang vom Peking University Health Science Center analysierten Schlafdaten von 88.461 Erwachsenen aus der britischen Gesundheitsdatenbank „UK Biobank“. Das Besondere: Sie verglichen dabei Angaben zur Schlafdauer, -qualität und zu Schlafgewohnheiten mit objektiv gemessenen Schlafdaten.

Es stellte sich heraus, dass Menschen häufig Vorstellungen von ihrem Schlaf hatten, die mit der Realität wenig übereinstimmten. So konnten die Forschenden bisherige Annahmen zum Schlaf widerlegen oder ergänzen.

172 Erkrankungen stehen in Zusammenhang mit Schlaf

Die gewonnen Schlafdaten glichen sie mit den Krankheitsdaten der teilnehmenden Männer und Frauen ab. Dabei fanden sie Zusammenhänge zwischen verschiedenen Schlafmerkmalen und 172 Erkrankungen – von Depressionen über Herz-Kreislauf-Leiden bis hin zu Knochenbrüchen.

Bei 92 Diagnosen hing das Erkrankungsrisiko zu mindestens 20 Prozent mit dem Schlafschema zusammen. Besonders stark wirkten sich eine Schlafdauer von unter sechs Stunden und ein unregelmäßiger Schlafrhythmus aus.

Wichtig an dieser Stelle anzumerken: Ob ein ungünstiges Schlafschema die Erkrankung begünstigte oder umgekehrt die Erkrankung die Schlafqualität verschlechterte oder sich beides gegenseitig verstärkte, lässt sich aus den Daten nicht ableiten.

Schlafrhythmus – der unterschätzte Faktor

Besonders interessant, weil bislang nur wenig untersucht, war der deutliche Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Problemen und einem unregelmäßigen Schlafverhalten.

Personen mit instabilem Tag-Nacht-Rhythmus (low interdaily stability) hatten beispielsweise ein deutlich erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes, Nierenversagen, COPD, Depressionen und Adipositas.

Auch die Zeit der Nachtruhe spielt offenbar eine Rolle: Eine Leberzirrhose trat 2,6-mal häufiger bei Menschen auf, die regelmäßig erst nach 00:30 Uhr einschliefen. Diese Personen waren aber auch auffallend häufig stark übergewichtig.

Eine Erklärung könnte die Störung des natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus (zirkadianen Rhythmus) bei Nachteulen sein, der sich auf die Hormonregulation auswirkt. Hinzu kommt: Wer spät schlafen geht, isst wahrscheinlich auch in den späteren Abendstunden – und nächtliches Essen begünstigt bekanntermaßen eine Leberverfettung und eine erhöhte Insulinresistenz.

Letzteres bedeutet, dass das blutzuckersenkende Hormon Insulin nicht mehr so gut wirkt wie normalerweise. Das kann langfristig zu Typ-2-Diabetes führen.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die oft übersehene Bedeutung regelmäßigen Schlafs. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Definition von gutem Schlaf über die reine Dauer hinaus erweitern.“

Prof. Shengfeng Wang vom Peking University Health Science Center

Entwarnung für Langschläfer

Eine überraschende Entwarnung gibt es für sogenannte Langschläfer. Frühere Studien hatten berichtet, dass neun oder mehr Stunden Schlaf mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen in Verbindung stehen.

Die neuen objektiven Daten widerlegen das: Ein erhöhtes Krankheitsrisiko zeigte sich nur bei denjenigen, die sich selbst als Langschläfer einstuften, tatsächlich aber weniger als sechs Stunden schliefen – ein Messfehler also. Und das betraf viele: Fast 22 Prozent der Männer und Frauen, die sich selbst als „Langschläfer“ einstuften, schliefen objektiv betrachtet sogar zu wenig. Die Erklärung: Viele Menschen liegen über Stunden schlaflos im Bett. Oft verwimmt dann das Zeitgefühl.

„Diese Fehleinschätzungen könnten erklären, warum Langschlaf bisher fälschlicherweise mit Krankheiten assoziiert wurde“, so Wang. „Wenn wir Schlaf künftig präziser messen, können wir bessere Empfehlungen geben.“

Kurzer Schlaf, hohes Risiko

Andere Erkenntnisse früherer Untersuchungen bestätigte die Studie. Wer weniger als sechs Stunden pro Nacht schläft, trägt ein höheres Risiko für zahlreiche Erkrankungen. So war unter anderem das Risiko für Blasenschwäche, Nierenerkrankungen, Typ-2-Diabetes, Parkinson und Depressionen messbar erhöht.

Ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte konnten die Forschenden hingegen nur für die Gruppe der „falschen Langschläfer“ feststellen. Allerdings war bei allen Kurzschläfern das Risiko für bluthochdruckbedingte Herzschäden (hypertensive Herzkrankheit) erhöht.

Warum zu wenig Schlaf krank macht

Für das erhöhte Erkrankungsrisiko von Kurzschläfern gibt es viele mögliche Erklärungen:

  • Entzündung:
    Kurzer und unregelmäßiger Schlaf erhöht Entzündungsmarker wie CRP, Leukozyten und Eosinophile. Das begünstigt viele chronische Erkrankungen.

  • Stoffwechsel:
    Schlafmangel beeinträchtigt das Ansprechen der Zellen auf Insulin und die Blutzuckerverwertung, was das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöht.

  • Immunsystem:
    Ein geschwächtes Immunsystem kann Infektionen und entzündliche Erkrankungen begünstigen.

  • Unfallrisiko:
    Schlafmangel erhöht die Sturz- und Verletzungsgefahr – etwa durch eingeschränkte Reaktion und Koordination.

Guter Schlaf beugt Krankheit vor

Die Forschenden schlagen daher vor, Schlafhygiene künftig stärker bei der Vorbeugung von Krankheiten zu berücksichtigen – nicht nur mit Blick auf Schlafdauer, sondern auch auf Rhythmus und Qualität des Schlafs.

Die gute Nachricht: Schlaf lässt sich durch einfache Verhaltensänderungen verbessern – etwa feste Zubettgehzeiten, Tageslicht am Morgen und Verzicht auf Nutzung von Handy & Co. vor dem Schlafen.

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