Gesundheit

Zwei ältere Frauen spazieren in Stadt
12. September 2023

Lebenserwartung: Deutschland hinkt hinterher

Unter den 27 EU-Staaten gibt Deutschland das meiste Geld für Gesundheit aus. 12,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fließen in die Gesundheit, im westeuropäischen Durchschnitt sind es 10,9 Prozent. Bei der Lebenserwartung belegen die Deutschen in Westeuropa dennoch hintere Plätze.

  • Text : Christiane Fux
  • Lesedauer : 2 Minuten

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung.

Abgeschlagen auf den hinteren Plätzen

Jungen, die 2019 in Deutschland geboren wurden, haben demnach eine durchschnittliche Lebenserwartung von 78,8 Jahren – das ist Platz 15 unter 16 westeuropäischen Ländern. Schlechter schneiden nur die Briten mit 79,6 Jahren ab. Spitzenreiter der männlichen Lebenserwartung sind die Schweizer, die durchschnittlich 81,9 Jahre alt werden. Die Österreicher liegen mit 79,5 Jahren zumindest im hinteren Mittelfeld.

Kaum besser sieht es in Deutschland bei den Frauen aus: 2019 geborene Mädchen werden den Berechnungen zufolge in Deutschland durchschnittlich 83,5 Jahre alt. Das ist Platz 14 – vor Dänemark (83,4 Jahre) und Großbritannien (83,3 Jahre). Spanische Mädchen können dagegen mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 86,2 Jahren rechnen, gefolgt von Französinnen (85,6) und Schweizerinnen (85,6). Mit 84,2 Jahren sind auch für Österreicherinnen die Aussichten besser als für Deutsche.

Schlechte Bilanz

„Große wirtschaftliche Stärke und ein für den Großteil der Bevölkerung gut zugängliches und leistungsfähiges Gesundheitssystem stehen in Kontrast zu einer westeuropäischen Schlusslichtposition bei der Lebenserwartung“, urteilt Mortalitätsforscher Pavel Grigoriev vom BiB. Kurz gesagt: Warum nur schlägt sich so viel Geld nicht in einer höheren Lebenserwartung nieder?

Auf diese Frage hat das Forscherteam Antworten gesucht und gefunden. Die Hauptursache für den Rückstand liegt demnach in der deutlich höheren Zahl von Herz-Kreislauf-Toten.

Männer sterben hierzulande bereits im Alter zwischen 50 und 60 Jahren häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als anderswo. Frauen sind ab einem Alter von 65 Jahren häufiger betroffen als Gleichaltrige in anderen Ländern.

Der deutliche Rückstand Deutschlands bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist besorgniserregend, da diese heute als weitgehend vermeidbar gelten

Mortalitätsforscher Pavel Grigoriev vom BiB

Gesund leben ist Herzprävention

Der Lösung wäre demnach eine verstärkte Prävention. Auf diese zahlen die üblichen Lebensstilmaßnahmen ein: gesunde Ernährung (Stichwort: Mittelmeerdiät), viel Bewegung (mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche) und Stressabbau (z.B. durch Meditation oder Entspannungstechniken) – sowie Verzicht auf das Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum.

Gesundheitspolitische Maßnahmen, die einen gesunden Lebensstil in der breiten Bevölkerung fördern, könnten sich demnach als großer Hebel erweisen.

Ebenso wichtig ist die frühzeitige Diagnose von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen. Ebenso wirken frühe Diagnose und Behandlung bereits bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzeitigen Todesfällen entgegen.

Auch hier ist der Einzelne zwar in der Verantwortung, beispielsweise indem er Vorsorgetermine wahrnimmt und verordnete Medikamente zuverlässig einnimmt. Doch könnten niedrigschwellige Check-Up-Angebote und Screenings den Weg ebnen.

Späte Herzdiagnosen

Dass es an frühzeitigen Diagnosen tatsächlich hapert, zeigt die Statistik. Sie belegt, dass die überwiegende Mehrheit der Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland zu spät diagnostiziert wurde und dann schon unter weiteren schwerwiegenden Erkrankungen litt.

So wiesen beispielsweise etwa 80 Prozent der Patienten mit Herzschwäche Begleiterkrankungen auf, die eine aufwendige Behandlung erforderten und ein hohes Risiko für einen ungünstigen Verlauf mit sich brachten.

Die Analysen zeigten, dass Deutschland hier Nachholbedarf habe, sagt Klüsener. Eine bessere Krankheitsprävention spare nicht nur Gesundheitskosten, sondern steigere auch das Wohlbefinden der Bevölkerung. Verschiedene Studien bescheinigten Deutschland diesbezüglich ein hohes Potenzial.

Mehr Nachhaltigkeit fürs Gesundheitssystem

Der Widerspruch zwischen den hohen Investitionen in die Gesundheitsversorgung und den Ergebnissen bei der Lebenserwartung zeige, dass das deutsche Gesundheitssystems nicht sonderlich nachhaltig sei, sagt auch Grigoriev. Das muss sich schleunigst ändern: In den nächsten Jahren werden die Herausforderungen an das Gesundheitssystem durch die alternden Babyboomer noch steigen.

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